Zurück zur
Hauptseite
1999: Krieg der
NATO-Staaten gegen Jugoslawien
(mit Aufzeichnungen aus dem Jahre 1999 sowie
Ergänzungen zum Krieg gegen den Irak 2003)
Die Bombardierung
Jugoslawiens dauerte vom 24. März bis zum 10. Juni 1999
Bisher hatte ich es vermieden, politische Beiträge
auf meiner Web-Seite unterzubringen und ich werde damit
auch weiterhin zurückhaltend sein.
Einige dieser Aufzeichnungen sind inzwischen zehn Jahre
alt. Ich habe sie 1999 während der Bombardierung
Jugoslawiens gemacht. Der Beginn des Krieges war für mich
ein richtiger Schock und ich bin selbst erstaunt, wie
viele Gedanken ich mir damals dazu gemacht habe. Ich
wollte unbedingt verstehen, warum die Bombardierung eines
Landes, in dem wenige Jahre zuvor noch viele Deutsche
ihren Urlaub verbracht hatten, so große Zustimmung
findet. Wenn das möglich ist, dann kann es auch mit jedem
anderen Land funktionieren. Heute nach 10 Jahren kann ich
sagen, dass ich damals keineswegs weltfremd war und richtig
eingeschätzt hatte, dass den Medien zu sehr geglaubt
wurde. Nur damit kann man die Zustimmung so
großer Bevölkerungsteile zu Kriegen erklären, es ist
Konformismus und eine Art Loyalität zur Regierung, die hier
missbraucht wird. Damit kann man auch gut erklären, warum im
Osten Deutschlands die Zustimmung zu Kriegen geringer als im
Westen war (Die ehemaligen DDR-Bürger trauen den Medien nicht
mehr).
Die Zustimmung zum Kriegseinsatz kam für mich
sehr überraschend, besonders bei Leuten, denen ich es
nicht zugetraut hätte. Es kostete Freunde. Allerdings
gab es auch umgekehrte Beispiele. Es ist ja auch
von 1914 bekannt, dass viele angeblich friedliebende Menschen
plötzlich den "Patriotismus" für sich entdeckten.
Heute
stellt
sich
mir aber auch die Frage, warum die Medien im Vorfeld des
Kosovo-Krieges den Desinformationen und Propaganda der
Regierungen geglaubt hatten, obwohl sie es seit 1991 (erster
Golfkrieg gegen Irak) hätten besser wissen müssen. Es wurde
z.B. 1991 behauptet, dass irakische Soldaten kuwaitische
Frühgeburten aus den Brutkästen zogen und auf den kalten
Fußboden warfen, um damit den Kriegsbeginn gegen den Irak zu
rechtfertigen. Nach dem Krieg wurde dann natürlich schnell
bekannt, dass die 15-jährige Nayirah, die diese
herzzerreißende Gräuelgeschichte vortrug, die Tochter des
Botschafter Kuwaits in den USA war, und nach dem Krieg fand
sich keine einzige kuwaitische Familie, die ein aus dem
Brutkasten gezerrtes Kind betrauerte (9). Warum übernehmen sogar solche als
seriös geltende Medien ungeprüft solche Horrormärchen?
Im Jahre 1999 wollte der deutsche Verteidigungsminister Rudolf
Scharping da nicht nachstehen und machte unmittelbar vor der
Bombardierung Jugoslawiens die deutsche Bevölkerung heiß für
den Krieg mit seinen Erfindungen von Konzentrationslagern im
Stadion von Pristina und mit Gräuelmärchen von Serben, die
angeblich mit Köpfen ermordeter Kosovo-Albaner Fußball
spielten. Zu solchen Schandtaten waren bisher nur Deutsche
imstande. Immerhin wird so anerkannt, dass die öffentliche
Meinung eine nicht zu unterschätzende Kraft ist. Warum aber
machen die Medien da eigentlich mit? Schon 1991 entstand doch
die Reporter-Erkenntnis "Das erste Opfer ist die Wahrheit",
und Fritz J. Raddatz schrieb in der "Zeit": "Verglichen mit
der Nachrichtenpolitik im Golfkrieg war die Nazi-Wochenschau
ein Dokumentarfilm". In Frankreich haben sich immerhin die
Medien bei ihren Lesern, Hörern und Zuschauern für die
Fehlinformationen entschuldigt, die ungewollt erfolgten, da
man der Regierung geglaubt hatte. In Deutschland
entschuldigt man sich aber nicht, da hier ja 95%
der Medien regierungstreu oder von Wirtschaftslobbys
korrumpiert sind. Bemerkenswert ist, dass die kritischsten
Beiträge von öffentlich-rechtlichen Medien kamen wie z.B. die
Sendung "Monitor" oder der ARD-Dokumentarfilm "Es begann mit
einer Lüge". Beim nächsten Krieg, der mit Sicherheit kommen
wird, werden die Desinformationen und Propaganda ihre Wirkung
wohl wieder nicht verfehlen. Hauptsache die Medien informieren
uns über das neue iPhone von Apple und über den UEFA-Cup.
Auf die
Pressefreiheit, Prost! Weiterer Kommentar am Ende.
Zeitlicher Ablauf vom
unmittelbaren Vorfeld des Krieges bis zum Kriegseinsatz:
Darüber
gibt
es
ausreichend
Literatur, z.B. von Jürgen Elsässer ( 11) und Ralph Hartmann (12,
13).
Am 28. September 1998 fand in
Deutschland eine Bundestagswahl statt, bei der eine
Koalition aus SPD und Grüne die CDU-Regierung von Helmut
Kohl ablöste. Was zunächst hoffnungsvoll stimmte, sollte
sich bald beim Thema Krieg als sehr verhängnisvoll erweisen.
Nachdem die SPD seit 1982 nicht regiert hatte (Sturz Helmut
Schmidt's am 1. Oktober 1982), hatte man den Eindruck, dass
sie nun alles nachholen wollen und beweisen müssen, wie
verlässlich sie sind - und wurden zu wahren Kriegstreibern.
Von Helmut Kohl weiß man, dass für ihn eine Zurückhaltung
Deutschland bei Beteiligung an Kriegen und Auslandseinsätzen
ein fester Grundsatz war. Kenner Kohls (wie das CDU-MDB
Willy Wimmer oder der damalige russische Außenminister
Jewgenij Primakov) behaupten sogar, dass es unter Helmut
Kohl eine Beteiligung an der Bombardierung Jugoslawiens
nicht gegeben hätte, Zurückhaltung in dieser Frage waren ihm
heilig. Kurz vor der Bundestagswahl, am 24. Sept. 1998, gab
es von der NATO "ActWarn" (Androhung eines Militäreinsatzes
bei Nichterfüllung von Ultimaten), am 30. September 1998
wurden elf Tornados der Bundeswehr für den Krieg (ActWarn)
bereitgestellt (noch alte Regierung und schon neue
Regierung). Für "ActOrd" (bereit für Einsatzbefehl) flogen
nach den USA der neue Bundeskanzler Schröder, der neue
Außenminister Fischer, Außenstaatssekretär Volmer,
Regierungssprecher Heye und US-Botschafter Kornblum. Oskar
Lafontaine, damals SPD-Vorsitzender, wurde bei dieser
entscheidenden Reise nicht berücksichtigt: Die BRD wollte
wegen der Übergangslage nicht sofort entscheiden,
US-Präsident Clinton sah das ein. Am 12. Oktober 1998 tagten
noch einmal die alte und neue BRD-Regierung zum Thema
Kosovo, auf dem Weg dorthin kommt ein Anruf von Günter
Verheugen: Die USA wollen es doch sofort wissen (ob die BRD
sich beteiligt). So blieben Gerhard Schröder und Josef
Fischer 15 Minuten Zeit für die Entscheidung und wurde mit
JA entschieden. Begründet wurde das JA damit, dass
Deutschland als NATO-Bündnispartner nicht die "Geschlossenheit und Einigkeit der
NATO" infrage stellen durfte. Andere
meinen,
dass die BRD auch weiterhin Zurückhaltung hätte üben können,
ohne dass die NATO zerfallen wäre. Dieses JA sollte aber
keine automatische Angriffsermächtigung sein. Lafontaine
soll eine schriftliche Zusicherung gefordert haben, dass es
keine Ermächtigung zum Kriegseinsatz bedeutet. Am 16.Oktober
1998 wurde der Beschluss vom Bundestag abgesegnet,
(und zwar vom bereits abgewählten Bundestag), dass die BRD
die NATO mit "WarnAct" unterstützt, es aber kein
Automatismus zum Kriegseinsatz sein soll. Den Abgeordneten
wurde es so verkauft, dass die NATO endlich Härte zeigen
muss und Milosevic nichts anderes übrig bleiben wird, als
nachzugeben (15).
Im Frühjahr 1999 wurde dann aber dieser Bundestagsbeschluss
genau in dem Sinne missbraucht, wie es nicht gemeint war,
nämlich als Ermächtigung zu "ActOrd". Zum Kriegseintritt
gab es dann weder ein Parlaments- noch einen
Kabinettsbeschluss. Der Beschluss war: Falls Verhandlungen
zu Rambouillet scheitern sollten (Februar 1999), dann
beginnen die Luftschläge. Beide Seiten, der jugoslawische
Präsident Milosevic und die Vertreter des Kosovo, wollten
den Vertragsentwurf von Rambouillet unterschreiben.
Seltsam war dann aber, dass der Vertragsentwurf von
Rambouillet plötzlich um einen Anhang B (siehe hinten) ergänzt wurde, von dem der frühere
US-Außenminister Henry Kissinger sagte, dass es keine
Verhandlungsgrundlage, sondern ein Ultimatum war. Sonderbar war auch, dass es sehr
schwierig war, den Wortlaut dieses Anhang B zu bekommen.
Als die größten Scharfmacher des Kriegseinsatzes erwiesen
sich Josef Fischer (Grüne, Außenminister) und Rudolf
Scharping (SPD, Bundesverteidigungsminister). Fischer ging
es angeblich um "unsere Grundwerte", für seine Grundwerte
verstieß er gegen UN-Charta, Völkerrecht, Grundgesetz und
Parteiprogramm.
Aus
Aufzeichnungen
aus dem Jahre 1999:
30.03.1999
Was
ich befürchtet hatte ist eingetreten. Die NATO bombardiert
Jugoslawien, um den "Völkermord" an die Kosovo-Albaner zu
verhindern. Das Kosovo gehört zur Republik Serbien in der
Bundesrepublik Rest-Jugoslawien. Zu Jugoslawien gehört noch
Montenegro. Das Kosovo hatte ein Autonomiestatus bis 1989. Es
wurde aufgehoben, weil die Kosovo-Albaner einerseits
separatistische Bestrebungen hatten, andererseits das Kosovo
als urserbisches Traditionsgebiet angesehen wird. Dort stehen
die ältesten Kirchen und Klöster Serbiens. Durch starken
Bevölkerungszuwachs der Albaner und gleichzeitige Abwanderung
von Serben hatte 1998 das Kosovo 80% Albaner. Obwohl es seit
Oktober 1998 ein unterschriftsreifes, 80-seitiges Abkommen
(Vertragsentwurf von Rambouillet) für das Kosovo-Gebiet
zwischen der Belgrader Zentralregierung und der NATO gab, das
auch beide Seiten (Belgrad und Kosovo-Vertreter) unterzeichnen
wollten, hängte die NATO hinterher eine militärische Forderung
dran (s. hinten): Stationierung von
NATO-Soldaten (nicht UNO-Soldaten) in ganz Jugoslawien, um
angeblich die Realisierung des Vertrages zu kontrollieren -
als wenn einige NATO-Führer Angst bekamen, dass nun Frieden
eintritt. Dass der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic
diese Forderung nicht annehmen konnte, war klar. Über das
Abkommen von Rambouillet hört man nur selten etwas, - das
gehört offenbar nicht zur Propagandalinie der NATO. ... Eins
ist klar: Die Länder der NATO, voran die USA, wollten den
Krieg.
04.04.1999
Die Bombardierung dauert nun schon elf Tage. Die begleitende
Propagandawelle ist so plump, dass eigentlich jeder denkende
Mensch sehen müsste, welcher Unsinn da verbreitet wird.
Beispiel Kinkel (Ex-Außenminister der FDP): Wir waren ja auch
froh, als die Amis uns befreit haben (als wenn wir die Opfer
waren und nicht die Aggressoren). Verteidigungsminister
Scharping (SPD) übt sich in Demagogie und behauptet, dass
Milosevic Konzentrationslager errichtet (wohl wissend, dass
der Begriff Konzentrationslager nicht Internierungslager
bedeutet, sondern seit Hitler ein Synonym für Auschwitz ist).
Außenminister Josef Fischer (Grüne): "Ich habe zwar gesagt:
Nie wieder Krieg, aber ich habe auch gesagt: Nie wieder
Auschwitz". Er beschimpft die Pazifisten seiner Partei, von
denen schon einige 100 ausgetreten sind. Warum bekommt er
keine Strafanzeige wegen Verbreitung der Auschwitz-Lüge?
US-Präsident Clinton behauptet, dass die drei US-Gefangenen
gefoltert wurden (was sich später natürlich als Unsinn
herausstellte). Weitere Beispiele ließen sich beliebig viele
finden.
Die NATO sieht nun, dass sie die Situation falsch eingeschätzt
haben. Aber anstatt nun die Bombardierungen zu beenden, müssen
sie angeblich weitermachen und die Einsätze noch verstärken,
damit die NATO glaubhaft bleibt.
07.04.1999
Wie ist es mit Kriegen?
(1) Als Kriegsgründe müssen immer "böse" Völker herhalten.
Aber es gibt keine
guten und bösen Völker. Alle Menschen, auch alle Völker, haben die gleichen
Rechte. Auch die zur Zeit verteufelten Serben sind ein Volk
wie jedes andere.
(2) Mit Bomben und Kriegen kann man keinen Frieden schaffen
und keinen politischen Frieden erzwingen.
Meine Enttäuschung:
Wie schnell Menschen bereit sind, Krieg als etwas Normales
anzusehen. Das ewige Gelaber über die “Erhaltung des Friedens”
in den 80er-Jahren wurde schon langsam langweilig und lästig.
Ich glaubte schon, es kommt sowieso kein Krieg mehr, was soll
das noch, die wollen nur von anderen Problemen ablenken. Aber
wie man sieht, können sich die Zeiten schnell ändern.
Die große Zahl der Kriegsbefürworter, besonders in
Westdeutschland, hat meiner Ansicht nach ihre Ursache in
Tabus, die in der Nachkriegszeit gewachsen sind, diese sind
unter anderem:
(1) Wir leben in einem demokratischen Staat, unsere Regierung
ist durch das Volk legitimiert, alle NATO-Staaten haben
demokratisch gewählte Regierungen.
(2) Wir haben Pressefreiheit; Journalisten wollen informieren
und nicht manipulieren. Verfehlungen sind ungewollte
Ausnahmen, schwarze Schafe. Es gibt keine Absprachen zwischen
den Regierungen und den Medien.
(3) Die US-Amerikaner haben uns Demokratie gelehrt und sind
unsere Freunde.
Übt man auch nur die leiseste Kritik an einem dieser Tabus, so
bekommt man umgehend die westliche Einigkeit zu spüren. Diese
Tabus aber führen zu der Auffassung, dass dieser Krieg eine
Art demokratische Friedensmission ist.
Dass so viele angeblich friedliebende Menschen diesen Krieg
befürworten, zeigt mir, dass sie es anscheinend nicht so
sehen, dass es gerade auf solche Situationen ankommt. Dies ist
doch die Stunde der Wahrheit, die Stunde der Offenbarung für
alle angeblichen Kriegsgegner und Friedensengel. Man kann doch
nicht sagen, dass man eigentlich für Frieden ist, nur in
diesem Falle nicht. Dann hat man sich ja bisher etwas
vorgelogen. Von Aufarbeitung der Geschichte und “aus der
Geschichte gelernt” kann doch da keine Rede sein. Für mich
stellt sich die Frage: Hätten wir noch keinen Hitler und
ständen wir vor derselben Situation, würde es wieder
funktionieren?
Es muss nur eine Voraussetzung erfüllt sein: Man muss sich
glaubhaft vorlügen können, dass die aktuelle Situation mit den
vergangenen nicht vergleichbar ist. Jeder Krieg ist in dem
Moment, in dem er geführt wird, ein besonderer Krieg, der
angeblich mit allen davor nichts zu tun hat. Beim nächsten
Krieg wird man dann sagen: Na klar, der Krieg gegen
Jugoslawien war vielleicht ein Fehler. Aber jetzt haben wir
doch eine ganz andere Situation, dieser Krieg muss einfach
sein.
Ich habe lange Zeit nicht verstanden, warum die Deutschen 1914
jubelnd auf die Straße liefen, als der Erste Weltkrieg begann,
und warum man in Hitlerdeutschland Kriegsgegner mit der Lupe
suchen musste. Jetzt vertstehe ich es. Ich glaube, dass mit
diesem Krieg das, was angeblich verteidigt wird, gerade
gefährdet wird: Die Stabilität der parlamentarischen
Demokratien mit allen seinen Vor- und Nachteilen.
10.04.1999
Große Zustimmung zum Krieg:
Ich glaube, es kommt zu so großer Zustimmung, weil den Medien
zu sehr geglaubt wird.
Vielleicht 95% der Menschen bekommen ihre Informationen über
die Tagesmedien (Nachrichten im Radio und Fernsehen sowie von
der Tagespresse). Dort wird zwar nicht direkt gelogen, aber
man erfährt auch nur die halbe Wahrheit. Es ist ja bekannt,
dass oftmals unwichtige Dinge überbetont werden, andere
wichtigere Dinge werden unterdrückt oder anders gewichtet,
ohne direkt die Unwahrheit auszudrücken. Es geht dabei
schließlich auch um Einschaltquoten und Auflagehöhen. Die
andere Hälfte der Wahrheit muss man sich selber organisieren,
indem man im Internet Beiträge sucht oder verschiedene
Gastvorträge besucht, die in so manchem politischem
Bildungsverein, Universität oder Stiftung stattfinden,
weiterhin sollte man sich verschiedene empfohlene Drucksachen
besorgen, um nicht immer nur Zitate zu lesen, sondern auch
Originale, z.B. Wortlaute von Verträgen oder
Bundestagssitzungen. Diese kann man auch im Internet finden.
Wenn man sich diese Mühe macht, dann bildet sich ein mehr
abgerundetes und objektives Bild, als von den gewöhnlichen
Medien vermittelt wird. Dann würde man automatisch nicht mehr
so trivial mit immer denselben Phrasen argumentieren (“Wer
gegen Völkervertreibung ist, muss für diesen Krieg sein.”,
“Wir haben aus Auschwitz gelernt, deshalb führen wir diesen
Krieg”, “Wir waren auch froh, als die Amerikaner uns befreit
haben.”, “Mit Diktatoren kann man nicht anders umgehen.”).
Manche glauben scheinbar, dass Phrasen wahrer werden, wenn man
sie immerzu wiederholt.
Das Kosovo wird von Serbien als ur-serbisches Gebiet
betrachtet, es war einmal das politische, kulturelle und
wirtschaftliche Zentrum Serbiens, bis sich das Zentrum
Serbiens aufgrund der Bedrohung durch die Türkei nach Norden
verlagerte. Im Kosovo befinden sich die ältesten serbischen
Kirchen und Klöster. Es ist noch nicht lange her, dass dort
überwiegend Serben wohnten. Die Serben sind auch einmal
irgendwie vertrieben worden. Und die UCK, die sowohl von der
NATO unterstützt wird, als auch von kosovo-albanischen
Mafia-ähnlichen Strukturen im Ausland z.B. in Deutschland
(Sendung "Monitor"), wurde mit Hilfe und Unterstützung der
NATO-Länder aufgebaut. Sie vertritt groß-albanische Ansprüche.
Sie fordern nicht nur das Kosovo aus Jugoslawien, sondern auch
Teile Mazedoniens, Montenegros, Bulgariens und Griechenlands.
Auch sollte nicht nur argumentiert werden: Warum unterschreibt
dieser sture Milosevic nicht endlich den Vertragsentwurf von
Rambouillet, sondern es sollte über den genauen Inhalt
gesprochen werden. Alle Kriegsbefürworter, die ich kenne,
waren überrascht, als ich ihnen sagte, dass der Anhang B des Vertragsentwurfs vorsieht,
dass die NATO-Soldaten nicht nur das Kosovo besetzen dürfen,
sondern sich uneingeschränkt in ganz Jugoslawien tummeln
dürfen, sollten z.B. Brücken und Straßen verändern dürfen wie
sie wollen, und natürlich Immunität genießen. Das glaubten sie
nicht. Als ich ihnen das bewies, hörte ich: Ist ja auch egal.
Die Zustimmung zum Krieg ist wohl nicht Argumentation, sondern
ein Prinzip. Hat
sich einmal jemand für Krieg entschieden, dann helfen auch
keine Argumente mehr.
12.04.1999
Kriegsbefürworter und Kriegsgegner:
Meiner Meinung nach teilt sich die deutsche Gesellschaft mit
diesem Krieg deutlich in mehrere Gruppen:
(1) Einmal die Kriegsbefürworter aus primitiven, niederen
Gründen, vor allem Menschen, denen es selbst nicht besonders
gut geht, sich aber trotzdem allen anderen Völkern überlegen
fühlen, nach dem Motto: Was mucken die Kanacken eigentlich
auf? Zu dieser Gruppe gehören aber auch gebildete Fachkräfte,
die aber in Bezug auf Geschichts- und Weltkulturwissen
ziemlich ungebildet sind. Sie befürworten den Krieg
prinzipiell.
(2) Eine andere Kriegsbefürwortergruppe: Die Gruppe der
scheinbar sozial denkenden Menschen, viele “vernünftige”
Konservative, Christen, Kulturmenschen, Bürgerrechtler oder sogenannte "Menschen mit Herz", dazu zähle ich auch
Prominente wie Regine Hildebrandt, Dietmar Schönherr, Inge
Meysel sowie auch einige ehemalige DDR-Bürgerrechtler. Sie
formulieren das so: Eigentlich bin ich ja gegen Krieg, ja
eigentlich war ich ja sogar immer Pazifist (wie D. Schönherr
in einer Talkshow am 10.04.1999), aber dieser Krieg muss
einfach sein. Von dieser Gruppe bin ich am meisten enttäuscht.
Sie reduzieren ihre Haltung auf eine Frage: Wenn ich gegen
Völkervertreibung bin, muss ich für den Krieg sein. Die
Ursache ihrer Haltung ist eine über Jahrzehnte festgesetzte,
eingebrannte Überzeugung der Lauterkeit des deutschen
Journalismus. Sie können sich einfach nicht vorstellen, dass
das Lügen vor jedem Krieg auch auf unsere Medien zutrifft.
Dazu aus L.
Trotzki’s Buch "Mein Leben": "Bekanntlich sind Pazifisten ja
nur in Friedenszeiten Pazifisten".
(3) Die schlimmste
Befürwortergruppe sind gutinformierte Politiker, Militärs und
Journalisten, die wider besseren Wissens die Unwahrheit sagen
und die Bevölkerung für dumm verkaufen.
(4) Eine Gruppe der Kriegsgegner sind Menschen, die den 2.
Weltkrieg an der Front oder in den Bombennächten miterlebt
haben. Sie lehnen meist den Krieg als Krieg ab, obwohl sie
teilweise schwaches Hintergrundwissen haben.
(4) Die Kriegsgegner aus menschlichen, politischen oder
intellektuellen Gründen (Peter Handtke), aber auch Journalisten wie Klaus Bednartz und Peter
Scholl-Latour, weiterhin mehr oder weniger geläuterte
Politiker, die nicht mehr im Amt sind, wie Helmut Schmidt,
Ehrhard Eppler, Henning Voscherau, Oskar Lafontaine, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger und Henry Kissinger.
(5) Weitere Gruppen: Es gibt noch andere, kleinere Gruppen von
Befürwortern und Gegnern dieses Krieges, wie z.B. eine Gruppe,
die aus Antiamerikanismus den Krieg ablehnt (“Was werfen die
Amis überhaupt in Europa Bomben?”)
Äußert man sich als Kriegsgegner, dann wird man bald mit der
Frage konfrontiert, ob man dann für den Völkermord ist, den
die Serben an den Kosovo-Albanern üben. Bis jetzt wird man
aber noch nicht automatisch in die linke Ecke gestellt, weil
es Kriegsgegner in allen politischen Lagern gibt.
Ich habe aber das Gefühl, dass man als Kriegsgegner die
Beweislast hat. Es ist nicht etwa so, dass diejenigen, die für
den Krieg sind, argumentieren müssen, dass Bomben notwendig
sind. Im Gegenteil, ich als Kriegsgegner muss beweisen und
überzeugend argumentieren, dass der Krieg ungerechtfertigt
ist. Die Kriegsbefürworter lehnen sich im Sessel nach hinten und wollen Argumente gegen
einen Krieg hören, die sie dann natürlich alle
ablehnen.
Warum werden eigentlich
Gegenargumente ignoriert? Und warum werden einfach wichtige
Informationen weggelassen. Es stimmt wahrscheinlich, dass
UCK-Angehörige serbische Polizisten provoziert, angegriffen,
ermordet, und auch Polizeistationen überfallen haben, um
danach zu schreien: NATO hilf uns vor den serbischen
Völkermördern. Uns es stimmt wahrscheinlich auch, dass Leute
der UCK (z.B. der spätere Kosovo-Präsident Hashim Thaci) Geld
mit Organhandel serbischer Menschen gemacht haben, worüber in
deutschen Medien natürlich nicht berichtet wurde.
Andererseits wird die kurdische Befreiungsorganisation PKK von
der Türkei, aber auch von der EU und den USA, als
terroristische Organisation definiert.
14.04.1999
Wie ist das eigentlich mit den Argumenten?
Kriegsbefürworter:
Der Krieg muss sein, um den Völkermord und die Vertreibungen
der Albaner aus dem Kosovo zu verhindern. Die Vertreibung der
Albaner wurde schon lange geplant (Hufeisenplan). Der
endgültige Auslöser war das sogenannte "Massaker von Racak",
bei dem angeblich viele albanische Zivilisten von Serben
getötet wurden. Wir müssen den Krieg führen, weil wir aus
Auschwitz gelernt haben. Dass diese Aufgabe die NATO
übernimmt, liegt daran, dass die UNO durch ständige Vetos
Russlands und Chinas handlungsunfähig ist. Es ist sozusagen
ein Völkerrechtsnotstand. Weiterhin argumentieren die
NATO-Führer: Es geht nicht mehr um Souveränität eines Staates,
sondern nur noch um Menschenrechte. Das ist sozusagen ein
“höheres” Recht. Menschenrecht steht über Völkerrecht!
Kriegsgegner:
Krieg als Mittel zur Lösung politischer Konflikte kommt
grundsätzlich nicht mehr in Frage. Die Einsätze der NATO sind
nicht durch den UNO-Sicherheitsrat legitimiert. Sie sind auch
nicht durch die NATO-Satzung legitimiert, die sagt, dass es
nur zu Einsätzen kommen darf, wenn ein NATO-Mitgliedsland
angegriffen wird. Weiterhin ist der NATO-Einsatz der
Bundeswehr auch nicht durch die deutsche Verfassung
(Grundgesetz) legitimiert. Eine Klage von über 40
Rechtsanwälten in Hamburg gegen die Bundesregierung wurde vom
deutschen Generalstaatsanwalt gar nicht erst angenommen- das
zum Thema Rechtsstaat. Außerdem stimmen die Behauptungen
nicht, die als Kriegsgründe herhalten müssen (Hufeisenplan,
Konzentrationslager im Stadion von Priština, Massaker von
Racak, ...).
Was ist mit Russland, kann man Russland einfach ignorieren?
16.04.99
Gestern habe ich Reden aus der Bundestagssondersitzung zum
Kosovo-Krieg gesehen und z.T. aufgenommen. Am
beeindruckendsten waren “Reichswehrminister Scharping” und
“Reichspropagandaminister Fischer”, aber auch “Reichspräsident
Schröder” war nicht schlecht.
Die Artikel 6, 8 und 10 des Abkommens von Rambouillet waren
anscheinend so abgefasst, dass kein Staatsoberhaupt der Welt
dies unterschrieben hätte. Da das von vornherein klar war,
kommt nur ein Schluss in Frage: Die NATO wollte den Krieg.
Sogar der ehemalige US-Außenminister H. Kissinger sagte in
einem Interview, dass Rambouillet keine Verhandlungsgrundlage
war, sondern ein Ultimatum.
19.04.99
Talk bei Christiansen:
Egon Bahr: Der Krieg hat das richtige Ziel, aber die falschen
Mittel. Man kann nicht 10 Millionen Menschen bestrafen und
dessen Land zerstören, um einen Mann umzustimmen.
Salman Rushdi: Dass die NATO nicht in Ruanda, Türkei usw.
eingreift heißt doch nicht, dass wir das auch jetzt nicht
machen sollten. Wir wollen es jetzt besser machen. (wirklich
eine erstaunliche Argumentation).
Rupert Scholz: Den Fehler mit Sddam Hussein wiederholen wir
nicht noch mal, nämlich dass wir Bomben werfen und den
Diktator leben lassen.
Dagmar Schipanski (Bundespräsident-Kandidatin 1999 der CDU):
Der Krieg ist richtig, aber man muss parallel verhandeln.
Vorher bei NDR3: Wir müssen diesen Krieg bis zum Ende führen,
weil wir aus Auschwitz gelernt haben (Das sagt ein deutscher
Historiker, der auch noch Stürmer heißt, zum jugoslawischen
Generalkonsul.)
22.04.99
Die Realität ist kaum noch zu beschreiben. Über Neonazis,
Links- und Rechtsextremismus gibt es Überwachung vom Verfassungsschutz und Jahresberichte. Aber
eigentlich ist das, was Scharping und Fischer z.Zt. machen,
übelster Neofaschismus. “Reichswehrminister” Scharping
betreibt Volkshetze, indem er übertriebene
Gräuelbeschreibungen liefert, wobei er sich dabei sichtlich
wohl fühlt. Endlich hat er seine Rolle gefunden. Seine Hetze
führt aber zu sinnlosem Hass. Z.B. können sich serbische
Jugoslawen, die schon Jahrzehnte in Deutschland leben, nicht
mehr öffentlich zu ihrer Herkunft bekennen. Vlado (mein
Assistent): Sein Vater ist seit 30 Jahren Hausmeister bei der
GWG Hamburg und hatte immer einen guten Ruf. Auf einmal hat er
Schwierigkeiten. Oder: Vlado war beim Arzt. Als der Arzt
feststellte, dass er Serbe ist, ging es nur noch so: Wir
machen euch total platt, danach zwingen wir euch zum
Nachgeben. Ich behandle Sie zwar trotzdem, aber ich kann auch
auf Patienten verzichten.
Die NATO setzt ihre Bombardements verstärkt fort, da der
bisherige Verlauf kein Nachgeben Milosevics, sondern nur
Zerstörung und noch schlimmere Vertreibung der Albaner zur
Folge hatte. Nun diskutiert man schon über einen Bodenkrieg.
17.05.1999
Im Urlaub auf Rhodos habe ich absichtlich fast nichts
verfolgt. Nur ab und zu habe ich mit der Verkäuferin eines
kleinen Lebensmittelladens über den Krieg gesprochen. Dort
erfuhr ich auch, dass die Griechen überwiegend den Krieg
ablehnen.
Trotzdem: Der Grund für die große Zustimmung zum Krieg ist
nicht Überzeugung und Logik der Argumente, sondern so etwas
wie Anpassung, Fremdorientierung, Konformismus, Opportunismus,
Überlegenheitsgefühl, ja sogar Faszination. Bei fast jeder
anderen offiziellen Argumenten-Variante hätten die Zustimmer
genauso alles nachgeplappert. Deshalb: Mit so vielen
Befürwortern kann man jedes Verbrechen legitimieren, sie
würden zu allem JA sagen, von "aufgeklärt" und "nicht
fremdbestimmt" kann keine Rede sein.
01.06.1999
Gestern war der Kosovo-Vortrag von jemandem vom
Uni-Friedensforschungsinstitut in Hamburg. Er versuchte, sich
neutral zu verhalten, wenn es mehr um Meinungen als um Logik
ging. Das fand ich gut. Der Vortrag war sonst nicht schlecht,
aber bot auch nichts Neues für mich.
Er argumentierte: Könnte sein, dass die Amis den Krieg
billigend in Kauf nehmen, da es ja ein europäisches Problem
ist, schlimmstenfalls bezahlen sie eben ihren Anteil. Meine
Meinung geht in Richtung der Äußerung von Herrn K. (Grieche).
D.h. die Begründung, dass man den Albanern im Kosovo, die ja
mit der abendländischen Kultur so gar nichts zu tun haben, zu
Hilfe kommen muss und dass man Milosevic falsch eingeschätzt
habe, aber nun den Krieg nicht beenden kann, weil man
glaubhaft bleiben muss, kann nur als Begründung für den Mob
angesehen werden. Jeder politisch gebildete und unabhängig
denkende Mensch kann darüber nur müde lächeln. Ich glaube
nicht, dass es wahr ist, dass man die Situation in Serbien
falsch eingeschätzt hatte. Ich glaube, die Amis kennen die
Stimmung in Serbien ganz genau. Warum also der Krieg? Die
naive Frage von Herrn N. ist so typisch: Ich bin ja eigentlich
gegen Krieg, aber was hätte man sonst tun sollen, als Bomben
zu werfen, um den Völkermord zu verhindern? - Die Frage geht
an der Wirklichkeit vorbei! Der Referent war auch ziemlich
genervt von dieser Frage ("Ja, die typische Frage"). Die
Wahrheit für den Krieg ist in einer anderen Richtung zu
suchen: Sei es, dass die Amis den Krieg billigend in Kauf
genommen haben. Europa ist weit weg, sollen sie sich doch die
Köpfe einschlagen. Wir können nur an dem Krieg verdienen, wir
bekommen eine tolle Konjunktur geschenkt für die
Rüstungsindustrie und beim Wiederaufbau. Oder sei es, dass die
Amis so denken: Rings um das Kaspische Meer lagern die letzten
großen Erdölreserven der Erde. Wer über das Öl bestimmt, macht
Weltpolitik. Selbst bei einem Gerücht, dass das Öl knapp wird,
beginnt die Weltwirtschaft zu wanken. Erdöl ist das Herzblut
aller modernen Industriestaaten, unserer modernen Lebensweise
überhaupt. Schon vor Jahrzehnten begann man darüber
nachzudenken, wie lange man noch so verschwenderisch
wirtschaften kann, aber mit dem Öl vom Kaukasus wäre das Thema
erst mal wieder vom Tisch. Vielleicht würde Jugoslawien eine europäische Schneise
zum Kaukasus bieten. Mit dem Kosovo-Krieg könnte man auch zeigen, wer nun in
der Welt das Sagen hat, wenn es um Durchsetzung von Interessen
geht. Vor allem ist es eine gezielte Demütigung Russlands. Es könnte auch sein, dass die
NATO und die USA mit dem Kosovo nun einen günstig gelegenen
Standort für Operationen im Nahen Osten hätten und brauchen
nicht die Erlaubnis irgendeiner Regierung. Möglicherweise
sucht die NATO nach der Beendigung des Kalten Krieges eine
neue Existenzberechtigung. Irgendwo in diesen Richtungen liegt die Wahrheit der
Ursachen des Kosovo-Krieges.
Zusätzlich habe ich bei
dem seltsamen Verhalten und irrationalen Reden einiger Politiker den Eindruck (besonders George W. Bush und
Tony Blair), dass
sie besessen sind
von der Idee, eine Art Mission für die Menschheit erfüllen zu
müssen. Solche
Menschen hatten ja zu jeder Zeit ihre Rolle: Im Mittelalter
riefen sie im Namen der Katholischen Kirche die Kreuzritter
zum Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen Moslems und Juden
auf, oder im Morgenland riefen sie im Namen des Koran zum
Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen Christen auf.
14.06.1999
Seit Sonntag, den 06.06.1999 wird nicht mehr gebombt. Der
Krieg dauerte 79 Tage. Jugoslawien unterschrieb einen von der
NATO (den G7-Staaten) vorbereiteten Vertrag über den Abzug der
jugoslawischen Armee aus dem Kosovo und dem Einmarsch der NATO
plus Russland in das Kosovo. Dabei ist sowohl die Entwaffnung
der UCK (Albanische “Unabhängige Befreiungsorganisation”) als
auch der kosovarischen serbischen Paramilitärs vorgesehen.
Auch die UNO bestätigte am Montag (oder Dienstag) den Vertrag.
China (mit VETO-Recht) wird zustimmen oder sich der Stimme
enthalten. Die Kriegslogik hat nun wieder voll zugeschlagen.
Der Abzug der jugoslawischen Militärs vollzieht sich parallel
mit dem Einmarsch der KFOR (NATO + Schweden + ...Russland).
Nun werden kosovarische Serben von Albanern vertrieben und
auch ermordet, und die KFOR sieht zu. Von Entwaffnung der UCK
kann noch keine Rede sein. Auf die Vertreibung der Albaner
folgt nun die Vertreibung der Serben sowie aller anderen
Minderheiten wie einigen 100 Tausend Roma, und sogar
christliche Albaner werden vertrieben. Bald wird das Kosovo
rein albanisch-muslimisch sein.
Satirische
Zeitschrift "Eulenspiegel" 5/2000 S.12:
Kriegsgründe:
Aus heutiger Sicht stellen sich die Gründe, die vor gut einem
Jahr zum Kosovo-Krieg geführt haben, folgendermaßen dar:
Massaker von
Racak
-
war manipuliert
Konzentrationslager für Albaner
-
eine Lüge
Belgrads
“Hufeisenplan”
-
hat nie existiert
Völkermord
-
maßlos übertrieben
Folglich sind als unangefochtene Kriegsgründe übriggeblieben:
Albright, Fischer, Scharping & Co.
Das reicht aber auch allemal, um loszuschlagen.
November 2002:
Faszination Krieg
Man kennt das auch von 1914, dass auf einmal viele Menschen
fasziniert waren von dem Gedanken eines Krieges, so wie Kinder
eben, die ja auch gern Krieg spielen, oder wie Intellektuelle
von der
"reinigenden Wirkung" eines Krieges sprechen. Offenbar ruft bei vielen
Kriegsbefürwortern der Begriff "Krieg" nicht eine Vorstellung
von Leid, Zerstörung, Tod, Hunger, Blut hervor, sondern eher
von einem Computerspiel, denn sonst müsste eigentlich jeder
gegen einen Krieg sein. Franz Kafka schrieb ja auch zum ersten
Weltkrieg, dass er nur möglich war, weil die Menschen keine
Fantasie haben. Wenn ein Krieg mehr als zwei Generationen
zurück liegt, sind
Kriegsbefürworter und Kriegsdulder in der Regel in der
Mehrheit. Länger
hält die Erinnerung an die Schrecken eines Krieges nicht an,
selbst wenn es große Zerstörungen und viele Tote gab, auch in
der eigenen Familie. Nach zwei Generationen ist jeder Krieg
vergessen, weil man die Toten nicht mehr selbst kannte. Und
leider klingen deftige Begriffe für Kriegsgründe wie
"Bedrohung", "Bestrafung", "Gegenschlag", "Rache", "Revanche",
Genugtuung", "Denkzettel" und "Vergeltung" auf den ersten
Blick erstmal verlockend, obwohl nicht mehr überprüft wird, ob die Gründe
überhaupt stimmen. Vor allem glaubt jeder, dass es nur die
anderen trifft.
Es gibt aber auch eine „Faszination Tod“, eine ähnliche
Faszination, die, glaube ich, viele Menschen alles Jüdische
faszinierend finden lässt. Früher, als das orthodoxe
osteuropäische Judentum noch lebendig war, hat sich niemand
dafür interessiert. Jetzt, wo es eine tote Kultur ist, ist es
faszinierend.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Deutschland, Paul
Spiegel, meinte, dass nicht Demonstranten die Menschen aus den
KZs befreit haben, sondern die Armee mit militärischen
Aktionen, hauptsächlich natürlich die USA, und befürwortet
damit die Bombardierung Jugoslawiens. Erstaunlich, was alles
für Meinungs-Varianten möglich sind.
Satirische Zeitschrift
"Eulenspiegel" 2/2003 S.10:
Gründe für Irak-Krieg (auch ohne UNO-Mandat):
Wenn eine Regierung lügt
Wenn ein Staat Waffen besitzt, z.B. chemische
Wenn ein Land in egoistischer Weise seine natürlichen
Ressourcen ausbeutet
Wenn schon Kinder mit Wasserpistolen aufeinander losgehen
Wenn mindestens 3% der Haushalte von Ehekrächen und
Familienkriegen betroffen sind
02.01.2003: „Hamburger Abendblatt“
Der Chefredakteur des
„Hamburger Abendblatt“ schreibt einen Kommentar zum
bevorstehenden Irak-Krieg. Er vertritt eine im Westen weit
verbreitete Meinung: Wir müssen aus der Geschichte lernen.
Wenn Chamberlain nicht eine Politik der Beschwichtigung
(Appeasement) gegenüber Hitler betrieben hätte, sondern hart
geblieben wäre, dann hätte man am Ende viele Millionen
weniger Tote. Außerdem hat Deutschland damals durch seinen
Austritt aus dem Völkerbund diesen praktisch bedeutungslos
gemacht. Und die USA haben nach dem Krieg selbstlos Hilfe
geleistet, uns ihre Hand gereicht und uns aus dem Dreck
gezogen, so dass wir uns jetzt schämen müssen für die
Haltung der deutschen Regierung. Also lernen wir: Die UNO
erhalten, indem wir einheitlich für eine Intervention im
Irak stimmen. Nicht lange verhandeln, sondern dem Diktator
sofort in die Grenzen weisen. Und die naiven Demonstranten
erst, als wenn man mit Demonstrationen einen Diktator
bremsen könnte. In diesem Sinne hat dann auch der
Chefredakteur die Leserbriefe ausgesucht.
Die große Mehrheit der Bevölkerung Europas ist aber gegen
einen Krieg gegen den Irak und es gibt Demonstrationen mit
vielen Millionen Teilnehmern, aber die meisten Regierungen
sind dafür. Gegen einen Krieg sind vor allem Deutschland,
Frankreich, Belgien und Griechenland. In wenigen Jahren
könnten nach Neu-Wahlen die Verhältnisse aber schon
umgekehrt sein: GB und Spanien könnten gegen Kriege und
gegen die Politik der USA sein, Deutschland (unter CDU/CSU)
und Frankreich könnten Vasallen-Treue zur USA zeigen.
Deshalb sollte man jetzt sehr vorsichtig sein mit Urteilen
wie „Die Deutschen“ und „Die Franzosen“.
Britische Zeitung „Daily Mail“ am 12.02.2003:
„Millionen französischer
Männer und Frauen haben die US-Truppen als Befreier von den
Nazis begrüßt. Es war Amerika, das Deutschland wiederbelebt
und es dann vor der aggressiven sowjetischen Kriegsmaschine
beschützt hat. Es ist das gute Recht von Chirac und
Schröder, Argumente gegen den Krieg vorzubringen. Aber die
haben nicht das Recht, die NATO zu zerstören und Washington
ins Gesicht zu spucken. So verhalten sich eher politische
Pygmäen als Staatsmänner.“
Britische Zeitung „Sun“ am 12.02.2003:
„Die Schlangen
Frankreich, Deutschland und Belgien spielen ein
verräterisches Spiel. Indem sie einen Keil zwischen Europa
und Amerika treiben, bringen sie Tony Blair in die
schwierigste Situation seiner fast sechs Amtsjahre als
Premier. Jacques Chirac, Gerhard Schröder und der Grashüpfer
Belgien bringen die Zukunft der NATO und der EU in Gefahr.
Was für ein schäbiger Haufen sie doch sind.“ (Dazu ein Bild
von der Landung der Amerikaner in der Normandie 1944)
Britische Zeitung „Sun“ am 14.02.2003:
Eine Fotomontage zeigt
einmal Hitler 1940 in Paris und ein anderes Bild stellt
Saddam Hussein in Paris an gleicher Stelle 2003 vor dem
Eiffelturm dar. Der Text dazu: „Seht was passiert, wenn sich
Frankreich Tyrannen beugt“.
Februar 2003:
Vergleiche, die gern
herangezogen werden:
Entweder:
Wie schon bei der
Bombardierung Jugoslawiens wird der jeweilige Diktator mit
Hitler verglichen. S. Milosevic und Saddam Hussein gleich
Hitler, Verhandeln lohnt nicht - das hat Chamberlain 1938 gezeigt. Hitler
machte den Völkerbund kaputt, indem er einfach austritt und
sich dann nicht mehr um Resolutionen kümmern musste. Wir
haben aus der Geschichte gelernt und müssen hart mit
Diktatoren umgehen und Krieg führen, denn nur diese Sprache
verstehen sie. Außerdem haben wir so viel den Amerikanern zu
verdanken. Sie haben uns von der Diktatur befreit und uns
die Hand gereicht. Sie banden uns in den nord-atlantischen
Pakt ein und nur so konnten wir vor den Russen standhalten.
Oder:
Die USA, insbesondere G.
W. Bush, sind mit Hitler vergleichbar. Sie sind arrogant und
haben jegliche Beziehung zur Realität verloren. Sie streben
die totale Weltherrschaft an und teilen die Welt in Freunde
(Vasallen) und Feinde ein. Auf die Medien wird Druck
ausgeübt, sie werden gleichgeschaltet, neutralisiert (wie
jetzt in den USA), Kritiker werden ignoriert oder für
(geistes)-krank oder mindestens weltfremd erklärt (wie der
österreichische Schriftsteller Peter Handke). Dieter
Hildebrand (Die Scheibenwischer): „Es sind wohl schon so
viele Deutsche in die USA ausgewandert, dass sie dort jetzt
das nachholen, was ...“.
Argumente gelten nicht mehr. Es wird gedroht, dass
UNO-Beschlüsse ignoriert werden, wenn sie nicht im Sinne der
USA ausfallen.
Vergleiche mit Hitler:
Vergleiche mit Hitler oder dem NS-Regime (Auschwitz!) werden
gerne für die Argumentation herangezogen, obwohl sie oft
nicht passen. Selbst die deutsche Bundesregierung hat diesen
Vergleich benutzt, aber immer nur, um Kriegseinsätze zu
begründen.
Wäre es ahistorisch zu behaupten, dass diejenigen, die heute
für eine harte Linie gegen Diktatoren sind und einen
Kriegseinatz fordern, nicht auch 1933 fasziniert von dem
"starken Mann" wären, der endlich aufräumen will und eine
harte Linie gegen die "Schuldigen" (politische gegner und
Juden) fährt?
3.3.2003: Vergleich Kosovo 1999 und Irak 2003
1999 war gerade die SPD
neu in der Regierung. Sie spielte mit Josef Fischer und
Rudolf Scharping den Kriegstreiber in Europa, während sich
andere europäische Staaten eher zurückhaltend verhielten.
Die SPD und vor allem B90/Grünen hätten als Opposition 1999
eine bessere Rolle gespielt. Scharping wurde inzwischen
entlassen. Jetzt sind die Sozialdemokraten mit Frankreich,
Belgien sowie Russland und China gegen eine militärische
Intervention im Irak. Warum eigentlich? Sind Fischer und
Schröder inzwischen Friedensengel geworden? - sicher nicht. Wollen sie ein starkes
Europa unter ihrer Führung und eine nicht so dominante USA?
Haben sie mit Frankreich gemeinsame Öl-Interessen? Haben nun
die Europäer festgestellt, dass die USA immer Kriege
anzetteln und abkassieren, während die Europäer dann
aufräumen dürfen, das Chaos verwalten und zahlen. Den
Wahlerfolg in 2002 hat Schröder sicher auch seinem
Versprechen „Keine deutschen Soldaten im Irak“ zu verdanken.
Das brachte aber der Linken den Auszug aus dem Bundestag.
Warum ist dieses Mal GB so kriegstreibend an der Seite der
USA?
Schröder hat 1999 keinen
Zweifel an dem Kriegswillen gegen Jugoslawien gelassen, dann in 2001 nach dem
Anschlag auf die Türme des WTC keinen Zweifel gelassen an
seiner Treue zur USA („uneingeschränkte Solidarität“). Er
stellte sogar die Vertrauensfrage, d.h. er drohte
zurückzutreten falls bei einer Abstimmung im Bundestag keine
Mehrheit zustande kommt für eine Beteiligung der Bundeswehr
bei Einsätzen gegen Terrorismus, vorerst in Afghanistan. Es
wurde sehr viel Druck gemacht auf Abgeordnete. Hätte Stoiber
(CSU) die Wahl in 2002 gewonnen, dann wäre die BRD ein
treuer Partner der USA gegen den Irak geworden. Die SPD und
B90/Grüne würden als Opposition natürlich erst recht wie
jetzt gegen einen Kriegseinsatz sein. Man hätte aber gute
Argumente gegen sie: Wie war es denn 1999 beim Kosovo-Krieg?
- und ich würde natürlich auch
glauben, dass sie nur gegen einen Krieg gegen den Irak sind,
weil sie in der Opposition sind. Warum auf einmal der
Sinneswandel?
21.03.2003
Seit 19.03.03 3:00 Uhr
wird im Irak bombardiert.
Was sind eigentlich die
Gründe? Ich stimme überein mit Leuten wie Peter
Scholl-Latour oder auch mit meinem Kollegen L. Die
Herrschaft über das Erdöl ist ein Grund, - die Profite der
Rüstungsindustrie, die ja Milliarden für den Wahlkampf G.W.
Bush’s bezahlt haben, ist ein anderer Grund. Aber das ist
nicht alles. Ich glaube, es stimmt, dass der Gedanke, dass
man eine Art Mission zu erfüllen hat, für viele Menschen
faszinierend ist. G.W. Bush und Tony Blair scheinen davon
geradezu besessen zu sein. Es ist wie in Filmen wie „Der
Herr der Ringe“, wo man die "Bösen", die sehr stark sind,
gemeinsam besiegen und ihrer gerechten Strafe zuführen muss
und den Guten und Schwachen helfen muss. Leider ist es
unrealistisch. Scholl-Latour sagte bei "Friedman", dass die
Deutschen nach den Jahrzehnten ohne Krieg nun glaubten, dass
alle Menschen gut wären und Kriege der Vergangenheit
angehörten. Jetzt zeigt sich, dass Kriege wieder möglich
sind und es wird nicht mehr aufhören. Nach Irak kommt Iran,
Syrien, Saudi Arabien, dann asiatische Staaten und dann
wieder Strafaktionen, weil nicht alles so gelaufen ist, wie
die USA es wollten.
08.05.2003:
Gegensätzliche Auffassungen
Im Hilton-Hotel in Mainz
las ich eine Lesermeinung in einer Lokal-Zeitung.
Interessant dabei ist, dass es genau immer die
entgegengesetzten Argumente sind, die ich benutzen würde. Er
schrieb:
Erst machen die USA und
GB für alle die Drecksarbeit, und jetzt wollen wir uns
beteiligen und am Wiederaufbau verdienen.
Ich sehe es genau
umgekehrt: Erst hauen die USA alles kaputt, dann sollen
andere noch ihre verbrauchten Waffen bezahlen und sich dann
um die humanitäre Hilfe kümmern.
Es gab da auch noch andere widersinnige Argumente, bei denen
man sich nur ärgern kann. Allerdings sind es sehr weit
verbreitete Meinungen, die ihre Ursachen immer noch in der
tiefen Dankbarkeit gegenüber den USA haben.
23.07.2003: Kulturklau und Guerillakrieg
Schon während der
Besetzung des Irak wurden Museen und Bibliotheken
systematisch ausgeraubt und es hält immer noch an. Weiterhin
werden seit Monaten Ausgrabungsflächen von Hunderten von
Abenteurern belagert, die alles Brauchbare (sprich:
Verkäufliche) mitnehmen und alles andere wegwerfen und z.T.
kaputt machen. Das ist neben der humanitären und politischen
nun noch eine Kulturkatastrophe, denn dort befanden sich die
ältesten Zivilisationen der Menschheit.
Es werden fast täglich
US-Soldaten bei Überfällen getötet. Das - und die Tatsache,
dass die Soldaten wider Erwarten nicht als Befreier
betrachtet werden, lässt die Moral der Soldaten auf einen
Tiefpunkt sinken. Jetzt fasst das
US-Verteidigungsministerium wieder neue Hoffnung auf
Besserung, denn vorgestern wurden zwei Söhne Saddam Husseins
bei Kämpfen mit Besatzungssoldaten getötet.
UK-Premier Tony Blair
gerät zunehmend unter Druck seit dem Freitod von
Regierungsberater Kelly. Kelly behauptete, dass die
Regierung Gutachten aufbauschte, um die Bevölkerung in
Kriegsstimmung zu bringen und gab der BBC ein Interview.
Kelly geriet dann so unter Druck, dass er sich das Leben
nahm. Einige Journalisten in GB behaupten schon, dass Tony
Blair unter Realitätsverlust leidet und irgendwie
schizophren ist. Kein Wunder, denn im US-Kongress erntete er
10 Minuten stehende Ovationen wegen seiner Treue zur USA.
Andererseits fragen viele (naive) Amerikaner, die es
wirklich wissen möchten: Warum haben uns die Deutschen nicht
unterstützt, wo sie uns doch so dankbar sein müssten, wir
verstehen das nicht.
Hier enden meine
Aufzeichnungen.
März 2009: Vergleich mit 1914, das Versagen
der SPD
Vergleiche hinken immer
ein bisschen. Man sagt ja, dass sich Geschichte zweimal
abspielt, das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als
Farce. Im Jahre 1914 gab es eine Situation mit Parallelen
zu 1999. Es gab auch ein Ultimatum an Serbien, das so
formuliert war, dass es für jedes Staatsoberhaupt
unannehmbar war und mündete im Ersten Weltkrieg.
Auch 1914 gab es einen
geistigen Zusammenbruch eines Großteils der deutschen
Sozialdemokratie und damit eine plötzliche Wende, als der
damalige Parteivorsitzende und
Reichstags-Abgeordnete der SPD Hugo Haase am 4. August
1914 die "zustimmende Erklärung" der Fraktion verlas.
Eine in den
Gästesitzen des Reichstages Anwesende (
14) beschrieb das so:
"Haase verliest die Erklärung der Fraktion. Er wird
von allgemeinem Beifall unterbrochen. Auch die
extreme Rechte applaudiert. Stürmische Begeisterung
bewirken die Worte, die Sozialdemokratie lasse in der
Stunde der Gefahr das eigene Vaterland nicht im Stich. ...
'Ausgehend von allen genannten Gründen spricht sich die
sozialdemokratische Fraktion für den Kredit aus ...'. Was
nun kommt, haben die Mauern des Reichstages noch nicht erlebt!
Das Publikum springt auf die Stühle, schreit, fuchtelt mit
den Armen, ... Ein ... Sturm 'patriotischer' Hysterie. Ich
bemerke, dass man auch auf den linken Bänken in einem
Anfall von 'Patriotismus' tobt".
Damit war 1914 der Weg für den Beginn des Krieges frei,
und die Sozialdemokratie war gespalten. Die spätere
Gründung der KPD war eine direkte Folge der Spaltung der
Sozialdemokratie, und alle großen Ereignisse des 20. Jahrhunderts waren eine
Folge des Ersten Weltkrieges, der sogenannten
"Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts": Die
Oktoberrevolution in Russland, die Gründung der
Sowjetunion, Nazideutschland, der Zweite Weltkrieg, der
"kalte Krieg", die Spaltung Deutschlands, ...
Dieses Versagen war auch deshalb besonders verheerend,
weil die deutsche Sozialdemokratie Vorbild für die meisten
Arbeiterparteien anderer Länder war. (15).
So wurde 1999 von Deutschland das dritte Mal im 20. Jahrhundert Krieg gegen
Serbien geführt.
Anhang B des Vertragsentwurfs von
Rambouillet: Status des Multinationalen Militärs
Implementierungsstreitmacht
6. a. Die NATO genießt
gegenüber allen Gerichtsverfahren, seien es Zivil-,
Verwaltungs- oder Strafverfahren, Immunität.
b. Das NATO-Personal wird unter
allen Umständen und jederzeit von der Gerichtsbarkeit der
Vertragsparteien freigestellt sein hinsichtlich jeglicher
von ihm in der Bundesrepublik Jugoslawien möglicherweise
begangenen zivilen, administrativen oder disziplinarischen
Vergehen sowie hinsichtlich aller Kriminaldelikte. Die
Vertragsparteien werden den an der Operation teilnehmenden
Staaten bei der Ausübung ihrer Gerichtsbarkeit über ihre
eigenen Staatsbürger behilflich sein.
c. Ungeachtet des oben
Ausgeführten und mit dem ausdrücklichen Einverständnis des
NATO-Kommandeurs in jedem einzelnen Fall können die
Behörden in der Bundesrepublik Jugoslawien ausnahmsweise
die Gerichtsbarkeit in solchen Angelegenheiten ausüben,
aber nur in bezug auf Mitglieder des Auftragspersonals,
die nicht der Gerichtsbarkeit des eigenen Staates, dessen
Staatsbürger sie sind, unterworfen sind.
7. Das NATO-Personal genießt
Immunität vor jeder Form von Festnahme, Ermittlung oder
Haft von seiten der Behörden in der Bundesrepublik
Jugoslawien. Irrigerweise verhaftetes oder festgehaltenes
NATO-Personal ist sofort NATO-Behörden zu übergeben.
8. Das NATO-Personal wird,
zusammen mit seinen Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen und
Ausrüstungsgegenständen, in der gesamten Bundesrepublik
Jugoslawien freien und ungehinderten Zugang genießen,
unter Einschluss ihres Luftraums und ihrer
Territorialgewässer. Dies schließt das Recht ein,
beschränkt sich aber nicht darauf, Zeltlager zu errichten,
zu manövrieren, sich einzuquartieren und alle Gebiete und
Einrichtungen zu nutzen, die erforderlich sind für
Unterstützung, Übung und Operationen.
10. Die Behörden in der
Bundesrepublik Jugoslawien werden vorrangig und mit allen
entsprechenden Mitteln alle Bewegungen des Personals, der
Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe, der Ausrüstung oder der
Vorräte durch oder im Luftraum, in den Häfen, auf den
Flugplätzen oder den benutzten Straßen erleichtern. Es
dürfen keine Abgaben von der NATO verlangt werden für
Luftnavigation, Landung oder Start von Flugzeugen,
unabhängig davon, ob staatseigen oder gechartert.
Desgleichen dürfen keine Zölle, Abgaben, Wegegelder oder
Benutzungsgebühren verlangt werden von NATO-Schiffen,
unabhängig davon, ob staatseigen oder gechartert, für die
bloße Einfahrt in und Ausfahrt aus Häfen. Fahrzeuge,
Schiffe und Flugzeuge, die zur Unterstützung der Operation
eingesetzt werden, unterliegen weder Lizenz- oder
Registrierungsbestimmungen noch kommerzieller
Versicherung.
11. Der NATO wird die Benutzung
von Flughäfen, Straßen, Schienenwegen und Häfen ohne
Zahlung von Gebühren, Zöllen, Wegegeldern oder durch bloße
Benutzung verursachte Abgaben eingeräumt. Die NATO wird
jedoch nicht beanspruchen, von angemessenen Abgaben für
spezifische geforderte und erhaltene Dienste ausgenommen
zu werden, aber die Operationen / Bewegungen und der
Zugang dürfen wegen noch anhängiger Zahlungen für solche
Dienste nicht behindert werden.
17. Die NATO und das
NATO-Personal genießen Immunität gegen Ansprüche jedweder
Art, die aus den Aktivitäten bei der Ausführung der
Operation erwachsen. Die NATO wird jedoch Ansprüche auf freiwilliger Basis regeln.
21. Bei der Ausübung ihrer
Befugnisse gemäß dieses Kapitels ist die NATO berechtigt,
Individuen festzuhalten und diese, so schnell wie möglich,
den zuständigen Amtsträgern zu übergeben.
Referenzen, Quellen:
(1) Resolutionen und Beschlüsse des
UN-Sicherheitsrates für 1998
(2) Text des Rambouillet-Abkommens vom 23.
Februar 1999 (engl.)
(3) Chronologischer Leitfaden zum Kosovo-Konflikt
(4) Wolfgang Näser: Aussagen und Fakten zum
NATO-Krieg gegen Jugoslawien
(5) AG Friedensforschung an der Uni Kassel:
Beiträge zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien
(6) The Law Professors' Network: Völkerrechtliche
Betrachtungen des Kosovo-Krieges
(8) Brief Gregor Gysis an Slobodan Milošević, in
dem er ihm Vertreibungen vorwirft
(9) FREITAG, 2003: Jürgen Elsässer: Das Massaker
von Racak
(10) FREITAG
43/2007:
Dankesrede
von
Otto Köhler zur Verleihung des Tucholsky-Preises
(11) FREITAG
51/52/2007:
Seite
10,
Jürgen Elsässer: Fischer, Lafontaine und der Krieg
(12) Jürgen Elsässer, Kriegslügen. Der NATO-Angriff auf
Jugoslawien, Berlin 2007
(13) Ralph Hartmann, Die Glorreichen Sieger, Berlin 2001
(14) Alexandra Kollontai, Ich habe viel gelebt
(autobiographische Aufzeichnungen), Köln 1980
(15) Wolfgang Abendroth, Sozialgeschichte der
europäischen Arbeiterbewegung, edition suhrkamp 1968
(16) Eric
Chauvistre, So viele Bomben wir möglich (FREITAG 10/2009)
(17) Reinhard
Mutz,
Der
Finger
am
Abzug
(FREITAG
11/2009)